Mit der Bahn für einen Tag ans Meer

Ein wenig ging es mir wie dem Ismael aus Herman Melvilles „Moby Dick“: Ich musste ganz einfach wieder mal ans Meer! Das letzte Mal, dass ich meine Füße in Salzwasser gehalten hatte, war mittlerweile ein dreiviertel Jahr her, und so beschloss ich Ende Mai 2021, wenigstens für einen Tag auszubrechen und der Nordsee Hallo zu sagen.

kaputte FFP2-Maske

*PAFF* – abgerissen! Zwei, drei Ersatzmasken sollte man unterwegs immer dabei haben.

Kurz entschlossen kaufte ich mir ein Bahnticket von meinem Wohnort, außerhalb von Hildesheim, nach Norddeich Mole. Bei viereinhalb Stunden Fahrt war die Reise-zu-Aufenthalt – Ratio mit 9:5 Stunden nicht besonders attraktiv, aber immerhin musste ich nicht am Steuer sitzen und auf den Verkehr achten. Früh um zehn vor sechs stand ich am Bahnsteig, und das Abenteuer begann unverzüglich: Der Gummizug meiner immer noch vorgeschriebenen FFP2-Maske riss vom Papier des Mund-Nase-Schutzes ab, bevor ich überhaupt im Zug saß. Na prima! Glücklicherweise hatte ich noch Ersatz dabei.

Mit dem Zug ans Meer

Eines vorweg: Je nachdem, wo Ihr wohnt, kann ein Tagestrip auf eine der Ostfriesischen Inseln eine wundervolle Tagesreise werden – oder eine furchtbare Ochsentour! Informiert Euch auf der Website der Deutschen Bahn vorab über die optimale Bahnverbindung und die Reisezeiten, und schaut auf der Website der Reederei Frisia nach den Ab- und Rückfahrtzeiten der Fähren. Die Überfahrt von Norddeich Mole nach Norderney bzw. in umgekehrter Richtung beträgt etwa 55 Minuten, das müsst Ihr natürlich bei der Planung einkalkulieren. Ich selbst wohne knapp 300 km von der Küste entfernt, und sehr viel weiter weg solltet Ihr auch nicht leben, damit sich ein solcher Trip für einen Tag noch lohnt.

Günstige Tickets

Je nachdem, wo Ihr wohnt, solltet Ihr einige Tage vor Eurem Trip schauen, was es für Angebote seitens der Bahn gibt. Günstige Tagestickets wie das Niedersachsen-Ticket gibt es in anderen Bundesländern ebenfalls, und wenn Ihr eine verbindliche Festlegung an bestimmte Züge in Kauf nehmt, fahrt ihr mit einem Super Sparpreis unter Umständen wesentlich günstiger, als mit einem regulären Fahrschein. Von der guten, alten BahnCard mal ganz zu schweigen!

Solltet Ihr das Fahrrad mitnehmen?

Fahrräder im Zug

Die Zeiten, da Fahrradfahrer bei der Bahn eher ungern gesehen waren, sind glücklicherweise lange vorbei.

Unterwegs bin ich zufällig Zeuge einer sehr informativen Unterhaltung zwischen einem Zugbegleiter und ein paar Jungs geworden, die eine Radtour machen wollten. Wenn Ihr, wie ich, in einem InterCity reist, dann gibt es inzwischen zwar ausgesprochen komfortable Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder; es sind allerdings ein paar Dinge dabei zu beachten:

  • In einem InterCity mit Fahrradfreigabe braucht Ihr neben der üblichen Fahrrad-Tageskarte auch eine Reservierung für Euren Drahtesel.
  • Diese Reservierung ist entweder online buchbar oder am Fahrkartenschalter erhältlich, nicht jedoch am Fahrkartenautomaten!

Mehr über die Mitnahme von Fahrrädern in der Bahn erfahrt Ihr hier.

Bleibt die Frage, ob sich das lohnt. Wenn Ihr echte Fahrradfans seid und Wert auf Euer eigenes Rad legt, brauchen wir darüber nicht zu diskutieren, aber sobald es „nur“ darum geht, gut und günstig per Rad über die Insel zu kommen, empfiehlt sich ein kurzes Rechenexempel:

Fahrradtageskarte im Niedersachsentarif 4,60 €
ggf. Reservierung im IC 4 €
Fahradmitnahme auf der Fähre 13,50 €

Gesamt 22,10 €

 

Dem gegenüber steht eine Tagesmiete für ein Leih-Fahrrad auf der Insel von etwa 9 €.  Mein Tipp: Für einen Tag lasst Euer eigenes Rad zuhause. Wenn Ihr übers Wochenende oder länger bleiben wollt, lohnt sich die Mitnahme schon eher.

Fähre, Schnellfähre oder fliegen?

Fähre

Füße auf der Reeling

Die Fährüberfahrt dauert, gibt aber ein angenehmes Reisetempo vor.

Die günstigste und traditionelle Art, auf die Insel zu kommen, ist natürlich die Fähre. Auf Norderney herrscht normaler Autoverkehr, deshalb sind die meisten Fähren als Autofähren angelegt. Die Überfahrt dauert etwa 55 Minuten und stimmt angenehm auf den Inselaufenthalt ein. Die Hin- und Rückfahrt kostet für einen Erwachsenen 22,50 €; Tickets könnt Ihr vorab auf der Website der Reederei Frisia buchen.

Schnellfähre „Inselexpress“

Deutlich schneller, nämlich nur um die 25 Minuten, dauert die Überfahrt mit der Schnellfähre des Inselexpress. Die einfache Fahrt kostet allerdings auch dementsprechend mehr (Erwachsene 40 €). Jedoch: Ihr habt im Rahmen einer Tagestour auf diese Weise auch eine satte Stunde mehr Zeit auf der Insel. Tickets können ebenfalls vorab auf der Website der Reederei Frisia gebucht werden.

Inselflieger

Noch schneller seid ihr mit dem Flugzeug. Die Inselflieger der FRISIA-Luftverkehr GmbH fliegen ab Norddeich nur etwa fünf Minuten über das Wattenmeer, und der Flug ist einfach wundervoll! Wenn Ihr Eure Zeit maximal ausnutzen wollt und noch ein paar Euro drauflegt, empfiehlt sich tatsächlich ein Flug (p.P. Hin und Zurück 88 €). Auch Flüge solltet Ihr vorab buchen, entweder telefonisch oder online auf der Website der Inselflieger.

Fahrrad leihen auf Norderney

Fahrrad

Mit diesem praktischen und gepflegten Fahrrad war ich den Tag über unterwegs.

Ich selbst hatte mich für die günstige Variante einer Fährüberfahrt entschieden. Nach einer knappen Stunde betrat ich Norderneyer Boden und musste nur einmal den Hafenplatz überqueren, um den nächstgelegenen Fahrradverleih zu erreichen. Für 9 € bekam ich bei „Charly´s“ (auch bekannt als Görickes Fahrradverleih; die Firmierung war nicht ganz klar) ein technisch tip-top gepflegtes Fahrrad mit Gangschaltung und Gepäckkorb.

Corona-Schnelltest!

Mein erstes Ziel war das Badehaus am Kurplatz, denn hier befindet sich das Corona-Testzentrum. Einen Termin hatte ich noch schnell in der Bahn gebucht, denn für einen Test am Vortag hatte ich keine Zeit gehabt. Auf der Website des Corona-Testzentrums Norderney konnte ich bequem einen Termin reservieren. Die Kosten betragen 20 € , die während der Buchung per Kreditkarte oder PayPal bezahlt werden können.

Essen auf Norderney

Ein Burger und ein Bier

Ein Burger und ein Bier mit Blick auf den Strand. Was will man mehr?

Die Gastronomieszene von Norderney vollständig zu erkunden würde vermutlich Monate dauern, so vielfältig ist das Angebot. Meine Wahl fiel dieses mal auf das Surfcafé am Januskopf. In lockerer Atmosphäre und direkt am Strand konnte ich einen großartigen Burger (Gourmet-Burger für 11,80 €) und ein Norderneyer Pils genießen. Der Service war prompt und unaufdringlich, und auch meine kaputte FFP2 – Maske bekam ich hier mit einem Tacker repariert.

Mein Eindruck: Eine hochwertige, dabei aber angenehm unprätentiöse Norderneyer in-Location. Gerne wieder!

Mit dem Fahrrad über die Insel

Derart gestärkt machte ich mich auf dem Weg Richtung Osten. Über die Richthofenstraße und den Karl-Rieger-Weg gelangt man zu zahlreichen Dünenüberwegen, die zum Strand führen. An der Abzweigung zur Weißen Düne bog ich allerdings rechts ab in Richtung Leuchtturm. An diesem vorbei machte ich einen kurzen Abstecher zum Oase Strand, um in der Kürze der Zeit wenigstens einmal „richtig“ am Strand sein zu können.

Oase-Strand Norderney

Die Strandsauna am Oase-Strand.

Der Oase-Strand (warum heißt der so?) ist ein gemischter FKK-Strand. Das heißt, der westliche Teil des Strandes ist für Gäste, die Badebekleidung bevorzugen, während der östliche Teil den Nackerten vorbehalten ist. Man erreicht den Strand über den Parkplatz hinter der Düne. Hier befindet sich auch das Restaurant „Strandpiper“, das allerdings wegen Renovierung geschlossen hatte. Das Gebäude und die Außenanlage machten einen angenehmen Eindruck. Auch die Karte las sich ausgesprochen vielversprechend, signalisierte aber auch ein gewisses Niveau. Freunde des schnellen Imbisses auf die Faust nehmen sich besser etwas Essbares mit.

Der Strand ist weitläufig und war wenig frequentiert, was an sonnigen Tagen sicherlich anders aussieht. Ein quaderförmiges Gebäude beherbergt die Strandsauna. Wer lange Strandspaziergänge liebt, ist hier genau richtig, denn vor allem Richtung Osten ist von hier aus viel Platz. Für mich ein Strand (und ein Restaurant), den ich in Zukunft auf jeden Fall besuchen werde.

Am Leuchtturm vorbei Richtung Ostheller

Leuchtturm Norderney

Der Große Norderneyer Leuchtturm – so der offizielle Name. Bild: elvaubeBearbeitungen: ArtMechanic.ArtMechanic at de.wikipedia – Datei:Lt norderney 2007.jpg. Quelle dort: selbst fotografiert, Gemeinfrei

Meine Zeit schritt voran, aber bis zum Ende des befahrbaren Teils von Norderney wollte ich unbedingt noch kommen. Auf dem Rückweg zur Straße passierte ich wieder den Leuchtturm (mehr über den Norderneyer Leuchtturm auf Wikipedia) und warf einen kurzen Blick auf die Karte des gleich gegenüber liegenden Grills und Cafés „Düne 13“ mit seinem hübschen Biergarten und der sonnigen Terrasse. Spätestens jetzt reifte der Gedanke an eine kulinarische Rundreise durch Norderney in mir, denn auch hier gibt es ausgesprochen leckere Spezialitäten. Vor allem der frisch und vor Ort geräucherte Aal verdient anscheinend besondere Aufmerksamkeit! Nächstes Mal… 🙂

Gesperrter Weg

Am Parkplatz Ostheller ging´s nur noch zu Fuß weiter.

Etwa zwei Kilometer weiter Richtung Osten war Schluss. Jenseits des Parkplatzes Ostheller geht es nur noch zu Fuß weiter; entweder über die Wege (sofern nicht gesperrt) oder über den Strand. Das am Ostende liegende Wrack hätte ich mir gerne noch angeschaut, aber die Zeit begann langsam zu drängen. Über den Deich radelte ich, am Flugplatz vorbei, zurück in Richtung Stadt.

Zurück nach Hause mit der Bahn

Gegen viertel vor fünf war es dann auch schon wieder soweit. Mit der Fähre fuhr ich zurück aufs Festland und saß, nach einem kurzen Spaziergang über den Deich, gegen halb sieben im Zug nach Hannover. Kurz vor Mitternacht schließlich war ich wieder zuhause.

Mein Fazit: So einen Trip kann man mal machen, wenn einen das Meerweh plagt und Ihr nicht weiter als 300 km von der Küste entfernt wohnt. Entspannter ist es allerdings mit einer Übernachtung. Und genau so werde ich meine nächste Tour nach Norderney auch planen.

Noch ein paar Bilder …